MLP eingeholt vom Schreckgespenst des Arbeitnehmerstatus

Es war nur eine Frage der Zeit, bis das Schreckgespenst „Arbeitnehmerstatus“ MLP wieder einholt. Diese Zeit ist jetzt gekommen: Das Sozialgericht Mannheim hat in einer aktuellen Entscheidung am 18.11.2011, Aktenzeichen S 4 KR 3987/09, erkannt, dass die Tätigkeit eines früheren MLP-Consultants als sozialversicherungspflichtig anzusehen ist.

Wir erinnern uns: Die Deutsche Rentenversicherung Bund hatte im Jahr 2009 bei MLP eine Betriebsprüfung durchgeführt. In diesem Rahmen wurden auch zahlreiche Anträge ehemaliger MLP Consultants auf Feststellung der Sozialversicherungspflicht geprüft.

Der Grundsatzabteilung der Deutschen Rentenversicherung Bund lagen hier stapelweise Unterlagen vor, die belegten, dass der Arbeitsablauf bei MLP minutiös vorgegeben war und den Consultants bei Nichteinhaltung der Weisungen der Geschäftsstellenleiter empfindliche Sanktionen drohten. Am harmlosesten waren noch die Strafzahlungen für einen angeblich guten Zweck. Richtig übel wurde es dann, wenn die Consultants in einzelnen Geschäftsstellen vor versammelter Belegschaft vorgeführt wurden und in Einzelfällen sogar mit der Einstellung der Zahlungen von Provisionsvorschüssen gedroht wurde. Dann, ja dann, türmten sich bei den Consultants regelrechte Existenzängste auf und nicht wenige von ihnen mussten sich in psychiatrische Behandlung begeben, manche sogar stationär.

Wie hätte nun bei einem solchen Sachverhalt eine andere Entscheidung der Deutschen Rentenversicherung getroffen werden können, als den Sozialversicherungsstatus der Consultants festzustellen? Immerhin hatte sich deren Grundsatzabteilung mit der Prüfung fast ein Jahr Zeit gelassen und demgemäß offensichtlich besonders sorgfältig geprüft.

Und so wurde schließlich einem meiner Mandanten im Oktober 2009 telefonisch von der Deutschen Rentenversicherung mitgeteilt, dass der Arbeitnehmerstatus anerkannt sei.

Dennoch, die Überraschung ließ nicht lange auf sich waren: Es kam jedenfalls kein schriftlicher Bescheid, der das mündlich erteilte Ergebnis der Prüfung bestätigte. Wir erfuhren auch bald warum: In Verstärkung eines ehrenwerten Kollegen aus der Kanzlei T in H. führte der Vorstand von MLP mit dem Vorstand der Deutschen Rentenversicherung Bund ein Gespräch in wohl offensichtlich freundschaftlicher Atmosphäre.

Die Atmosphäre muss so freundschaftlich gewesen sein, dass die Juristen der Grundsatzabteilung anstatt des Bescheids, dass der Sozialversicherungsstatus festgestellt wurde, Bescheide verschickten, dass die ehemaligen MLP-Consultants in sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht als freie Handelsvertreter zu beurteilen sind. Und so flatterten meinen Mandanten jeweils mit inhaltsgleichen, floskelhaften Begründungen die entsprechenden Bescheide der Deutschen Rentenversicherung Bund ins Haus.

Da wundert man sich schon über die Zuständigkeit, denn einige Krankenkassen, insbesondere die Techniker Krankenkasse, hatten zuvor schon auf Antrag ehemaliger Consultants Bescheide erlassen, wonach ein Arbeitnehmerstatus angenommen wurde.

Von den Bescheiden der Deutschen Rentenversicherung Bund hat sich die Techniker Krankenkasse in vorbildlicher Haltung jedenfalls nicht beeindrucken lassen. Sie blieb bei ihren vorherigen Bescheiden, gegen die MLP vor dem Sozialgericht Mannheim Klage einreichte und jetzt unterlegen ist.

Wie die ganze Sache zu bewerten ist? Nun, nach meiner vorsichtigen Einschätzung ist der Sachverhalt ein staatsanwaltliches Ermittlungsverfahren wegen Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen wert und das nicht erst seit der Entscheidung des Sozialgerichts Mannheim. Es geht hier immerhin um eine Hinterziehung von Sozialversicherungsbeiträgen in Millionenhöhe, die man schon als gewerbsmäßig beurteilen kann. Ob die Chefetage der Deutschen Rentenversicherung Bund hier involviert ist, muss im Rahmen dieser Ermittlungen abgewartet werden. Ein Anfangsverdacht, meine ich, liegt jedenfalls vor!

Und wenn nicht die Staatsanwaltschaft ermittelt aus den angenommenen bekannten Gründen, dann haben wir immerhin noch die Medien. Daher liebe Journalisten: Sie haben doch einen Anspruch gegen die Deutsche Rentenversicherungsanstalt Bund auf Erteilung der Auskunft des Inhalts des Gesprächs der Chefetage Rentenversicherung mit der Chefetage MLP. Stichwort: Informationsfreiheitsgesetz. Nehmen Sie ihn wahr!

Yes, we do!

Kommentare

Das Verhalten der Rentenversicherung Bund ist plausibel. Bei jeder Benachrichtigung zur voraussichtlichen Rentenhöhe macht sie Werbung für die Versicherungswirtschaft, nämlich dass man sich doch privat versichern (Sie schreibt: privat vorsorgen) solle.

Ich bin leider kein Jourist, nur geprellter Arbeitnehmer.
Hier sieht man wiedermal, was von dem vielgerühmten Rechtsstaat zu halten ist.

Viel Erfolg bei der weiteren Arbeit!
Horst Wetzel

Das hier skizzierte Szenario wird das exklusive Klientel von MLP wahrscheinlich eher nicht beeindrucken.
Rühmt sich MLP doch, als einziger Finanzdienstleister der Branche, die Bedürfnisse seiner elitären Kunden (Hochschulabsolventen und Manager) genau zu kennen!
Da machen sich doch die Bedürfnisse des Fussvolkes eher wie das Piepen der Mäuse im Keller aus.
Wer Großes plant und verwirklicht, der kann sich eben nicht immer um Kleinigkeiten kümmern!

Doch war es nicht auch gerade einer der Gesellschafter von MLP, der Anfang des neuen Millenium eine Lebensversicherung in dreistelliger Millionenhöhe auf seine(n) Tochter/Sohn abschloss, um die fällige Provisionszahlung auf die Habenseite des Firmenkontos zu stellen, damit die Bilanz des Unternehmens besser ausfiele???

... die Police wurde übrigens nach einigen Monaten wieder gekündigt....