Das Bundesverfassungsgericht – Richter in eigener Sache?

Karlsruhe ist für Minderheiten da! So oder so ähnlich äußerte sich der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Andreas Voßkuhle, den Medien gegenüber und zeigte sich überrascht, dass die Union gerade das Urteil zum Adoptionsrecht "als so ungewöhnlich und besonders" interpretiere. Wir erinnern uns: Am 19.02.2013 hatte das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass die Nichtzulassung der sukzessiven Adoption angenommener Kinder eingetragener Lebenspartner durch den anderen Lebenspartner sowohl die betroffenen Kinder als auch die betroffenen Lebenspartner in ihrem Recht auf Gleichbehandlung (Art. 3 Abs. 1 GG) verletzt.

Der ehemalige Bundespräsident Horst Köhler hatte wohl schon bei der Amtseinführung von Andreas Voßkuhle dunkle Vorahnungen, als er damals mahnte, das Karlsruher Gericht sei "nicht gedacht als Ersatz für Politik" und es sei eine "Anomalie", wenn im demokratischen Prozess unterlegene Minderheiten versuchten, Ideen mit Hilfe des Gerichts doch noch durchzusetzen, auch wenn gar keine Hinweise auf Verfassungsverstöße vorlägen. Wie Recht er behalten hat!

Voßkuhle tut sich damit nicht das erste Mal auf der politischen Bühne auf, während sich seine Vorgänger in politischen Fragen stets in der gebotenen Zurückhaltung übten. Wie gefährlich das für eine Demokratie ist, die bis jetzt noch von Mehrheiten und nicht von Minderheiten getragen wird und wie unser Grundgesetz immer weiter ausgehebelt wird, wird auch daran deutlich, wenn man erfährt, wie das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.02.2013 zustande kam.

Die Richterin des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts Susanne Baer ist die erste verpartnerte Bundesverfassungsrichterin und setzt sich seit langem für die Gleichstellung von Schwulen und Lesben ein.

Nemo iudex in sua causa oder „Niemand sei Richter in eigener Sache“ lautet ein Unbefangenheitsgrundsatz in der Juristerei seit jeher. Und damit hätte sich eine Entscheidung des 1. Senats unter Mitwirkung von Richterin Baer verboten und eine Selbstablehnung wäre geboten gewesen. Dies jedenfalls bei einem Minimum an rechtsstaatlichem Grundverständnis und auch aus richterlicher Sorgfaltspflicht heraus. Es erscheint rechtsstaatlich bedenklich, wenn sich schon im Vorfeld erkennen lässt, wie das Urteil eines Gerichts ausfällt. Das gilt im Übrigen auch für die Mitwirkung von Richter Peter Müller als ehemaliger saarländischer Ministerpräsident bei der ESM-Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts.

Und so wundert es auch nicht, dass die Mehrheit zur Minderheit wird und über Verfassungsgrundsätze wie Artikel 6 Grundgesetz (GG), wonach die Ehe und die Familie einen besonderen grundrechtlichen Schutz genießen, einmal so ganz by the way, hinweg gegangen wird. Nach dem Motto: Ach ja, Artikel 6 GG ist ja auch noch da, es reicht ja, wenn man den Schutz von Ehe und Familie gerade mal erwähnt. So liest sich jedenfalls die Pressemitteilung des Bundesverfassungsgerichts zum vorgenannten Urteil: „Der durch Art. 6 Abs. 1 GG gebotene besondere Schutz der Ehe rechtfertigt nicht die Benachteiligung angenommener Kinder eines Lebenspartners gegenüber angenommenen Kindern eines Ehepartners“. Es bleibt jedenfalls zu hoffen, dass die vollständigen Urteilsgründe eine sorgfältigere juristische Beurteilung hergeben.

Dagegen wird die Entscheidung vom 19.02.2013 mit dem Gleichheitsgrundsatz in Artikel 3 GG begründet, wobei schon jeder Jurastudent im 1. Semester lernt, dass der Schutzbereich von Artikel 3 GG nur berührt ist, wenn entweder Gleiches ungleich oder Ungleiches gleich oder Ungleiches in unangemessener Weise ungleich behandelt wird. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 19.02.2013 setzt sich damit schon über die natürliche Gegebenheit der Geschlechtertrennung hinweg. Eine Ehe zwischen Mann und Frau als Ursprung der Familie ist nun einmal nicht gleich einer Partnergemeinschaft zwischen Gleichgeschlechtlichen. Punkt! Und Kinder haben einen Anspruch darauf, in diesem Ursprung der Familie aufzuwachsen!

Doch zurück zum Minderheitenschutz! Es ist noch nie da gewesen, dass sich ein Präsident des Bundesverfassungsgerichts öffentlich derart zum Hüter von Minderheitenrechten aufspielt und damit gleichzeitig Mehrheitsrechte als Grundpfeiler der Demokratie zurück drängt. Voßkuhle hat damit wieder einmal gezeigt, dass er seine Aufgabe nicht verstanden hat. Die Demokratie lebt nun einmal von der Mehrheit und nicht von der Minderheit.

Wohin das führt, sieht man jetzt auch in Berlin. Im Berliner Stadtteil Friedrichshain-Kreuzberg hatte das Bezirksparlament entschieden, dass es in öffentlichen Gebäuden künftig zusätzlich sogenannte „Unisex“-Toiletten geben soll. Die Begründung hierzu lautet: „Existieren nur nach Männern und Frauen getrennte Toiletten, so benachteiligt dies Menschen, die sich entweder keinem dieser beiden Geschlechter zuordnen können oder wollen oder aber einem Geschlecht, das sichtbar nicht ihrem biologischen Geschlecht entspricht.“ Ein Kommentar fällt mir zu diesem Blödsinn schon nicht mehr ein. Nur so viel, dass wir Steuerzahler diesen ganzen Mist wieder finanzieren müssen.

Doch was kommt als nächstes, fragt man sich da? Täterschutz vor Opferschutz, wie auch schon im Fall Gaefgen entschieden wurde oder wird zukünftig gar der Schutz von Kindern vor sexuellem Missbrauch gegenüber dem Recht auf freie sexuelle Selbstbestimmung von Pädophilen zurück treten müssen, wie es schon die Grünen seit den 80er Jahren in mehreren Gesetzesentwürfen, zumindest zwischen den Zeilen, haben anklingen lassen?

Wir sind auf einem gefährlichen Weg! Denn das ist ein gefährlicher Einschnitt in die Demokratie, der das Bundesverfassungsgericht da Vorschub leistet. Und so frage ich mich: Wer schützt unsere Verfassung vor dem Bundesverfassungsgericht?

Und um vermuteten Einwendungen gleich an dieser Stelle vorzubeugen: Ich habe keine Vorbehalte gegen Schwule und Lesben. Wir leben in einem freien Land und jeder soll die Möglichkeit haben, so zu leben, wie er oder sie es will. Ich weigere mich aber, mich einer Minderheitsdoktrin zu unterziehen und ich wehre mich dagegen, dass unser Bundesverfassungsgericht unter seinem Präsidenten Voßkuhle als Hüter der Verfassung immer weiter von der Verfassung abrückt.
Das muss einmal gesagt werden!