Präsident des LG Köln greift Blog-Beitrag an!

Was alles so passieren kann, wenn man über Gerichtsverfahren berichtet. Dem Herrn Präsidenten des Landgerichts Köln hat mein Blog-Beitrag „Die Volksbank Euskirchen und das P-Konto“ gar nicht gefallen. Schade eigentlich. Jedenfalls sah sich der Herr Präsident veranlasst, bei der Rechtsanwaltskammer Frankfurt am Main eine Eingabe einzureichen. Diese Eingabe hat folgenden Wortlaut:

„Sehr geehrte Damen und Herren,

im Zusammenhang mit dem Zivilverfahren 26 O 365/10 hat mir der Vorsitzende der Kammer, Herr Vorsitzender Richter am Landgericht K. (Anmerkung der Redaktion: Name wurde anonymisiert), anliegenden Internet-Blog von Rechtsanwältin Jakobs zur Kenntnis gebracht. Ich stelle – durchaus in Kenntnis der restriktiven Linie des BverfG (NJW-RR 2010, 204) – eine berufsrechtliche Prüfung im Hinblick auf § 43a Abs. 3 BRAO bzw. die wenig klaren Grenzen anwaltlicher Internetauftritte im Hinblick auf § 43 b BRAO anheim. Ich darf höflich bitten, mich zu gegebener Zeit zu informieren.

Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag“

Meine Stellungnahme lautet wie folgt:

"Sehr geehrte Frau Kollegin,

in vorbezeichneter Angelegenheit nehme ich auf Ihr Schreiben vom 5. September 2011 und zu der Eingabe des Herrn Präsidenten des Landgerichts Köln wie folgt Stellung:

Zunächst danke ich dem Herrn Präsidenten des Landgerichts Köln vielmals für sein Interesse an meinem Blog „www.heidrun-jakobs-blog.de“. Eine wesentliche Zielrichtung des Blogs ist es, die Öffentlichkeit auf Missstände u.a. in der Justiz aufmerksam zu machen und einen Beitrag zur öffentlichen Willensbildung zu leisten. Bedauerlicherweise ist jedoch festzustellen, dass die Eingabe des Herrn Präsidenten des Landgerichts Köln in Kenntnis der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (NJW-RR 2010, 204) und damit in Kenntnis der Erfolglosigkeit einer gegen mich gerichteten Beschwerde erhoben wurde, so dass sich mir die Sinnhaftigkeit dieser Eingabe verschließt. Da hiermit unnötig Kapazitäten der Rechtsanwaltskammer Frankfurt gebunden werden, schlage ich vor, einem solchen Verhalten der Justiz deutlich Einhalt zu gebieten.

In der Sache ist seitens des Herrn Präsidenten des Landgerichts Köln nicht ansatzweise dargelegt, inwieweit mit dem angegriffenen Blog-Beitrag gegen § 43 a Abs. 3 BRAO und § 43 b BRAO verstoßen worden sein soll.

Ein Verstoß gegen die genannten Berufspflichten lässt sich auch in tatsächlicher Hinsicht nicht erkennen. Gemäß § 43 a BRAO ist insbesondere ein Verhalten unsachlich, bei dem es sich um die bewusste Verbreitung von Unwahrheiten oder solchen herabsetzenden Äußerungen, zu denen andere Beteiligte oder der Verfahrensablauf keinen Anlass gegeben haben, handelt.

Diese Voraussetzungen sind vorliegend nicht gegeben.

Der angegriffene Blog-Beitrag berichtet über den Ablauf des Rechtsstreits der Schutzgemeinschaft für Bankkunden e.V. gegen die Volksbank Euskirchen eG, wobei die mündliche Verhandlung mehr von einer absolutistischen Verfahrensleitung geprägt war als von rechtsstaatlichen Grundsätzen. Zur Wahrung der Interessen meiner Mandantschaft waren sowohl ein Protokollberichtigungsantrag, mehrere Anträge auf Protokollierung der gestellten Anträge sowie ein Befangenheitsantrag notwendig. Wegen der näheren Einzelheiten verweise ich auf die Gerichtsakte und rege an, diese beizuziehen.

Als unabhängiges Organ der Rechtspflege bin ich verpflichtet, Verhandlungsleitungen, die zivilprozessualen Grundsätzen und im Weiteren auch rechtsstaatlichen Geboten zuwider laufen, entgegen zu wirken. Hierfür wurde ich vereidigt und hierfür trete ich an.

Soweit die Vorgänge der mündlichen Verhandlung in meinem Blog-Beitrag zusammengefasst wurden, berufe ich mich auf mein Grundrecht der freien Meinungsäußerung aus Artikel 5 Abs. 1 GG und die Pressefreiheit aus Artikel 5 Abs. 1 S. 2 GG und weise insbesondere auf die Privilegierung einer Gerichtsberichterstattung hin. Insofern verweise ich auch auf die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, dass ein Rechtsanwalt auch starke eindringliche Ausdrücke und Schlagworte benutzen und sogar ad personam argumentieren darf (BverfG, 1 BvR 195/87, BverfGE 76,171).

Abschließend weise darauf hin, dass sowohl die Eingabe des Herrn Präsidenten des Landgerichts Köln als auch dieses Schreiben im Wortlaut in meinem Blog veröffentlicht werden.

Mit kollegialen Grüßen“

Yes, we do!

Kommentare

Wollen wir das wirklich - dass anwaltliche Prozessvertreter, die schlampig vortragen, in erster und folgeweise (wegen § 531 II ZPO) in zweiter Instanz vollkommen zu Recht unterliegen, anschließend mit Billigung des Berufsrechts das Gericht beleidigen?

Die für die Zulässigkeit herangezogenen BVerfG-Urteile erfassen diesen Fall nicht, schon weil sie anwaltliche Äußerungen in den Zeitraum erfassen, in dem noch „gekämpft” wird, kein bloßes Nachtreten schlechter Verlierer wie hier.

Also: Diese Ausdrucksweise "schlampig" stammt von meinem Beitrag "Die Volksbank Euskirchen und das P-Konto". Sie sind ein Plagiator! ;-)
Im Übrigen könnte ich ja auch gleich die ganze Gerichtsakte ins Netz stellen, dann sehen wir mal, wer schlampig gearbeitet hat. Die Entbindung von der Schweigepflicht liegt im Übrigen vor!
Dass die BVerfG-Entscheidungen in Köln "den Fall nicht erfassen", war abzusehen.

Liebe Nicht-Kölner! Haben Sie noch nie von der Köl'schen ZPO gehört? Danach darf das Gericht die Verfahrensweise nach eigenem Ermessen bestimmen, also machen was es will. Nach mehreren deutlichen Worten sowohl des BGH als auch des BVerfG ist die Kölsche ZPO seit einigen Jahren zum Glück auf dem Rückzug. Ganz ausgerottet scheint sie aber noch nicht zu sein.

Kölsche ZPO... Tja, der Kölner Filz macht offenbar auch vor Gerichten nicht halt. Ich schäme mich mal wieder für diese, meine Stadt...
Bleiben Sie bitte „dran“!

Herr Lehmann, freuen Sie sich doch, dass wir in einem Land leben, in dem einerseits Sie die Arbeit anderer Leute als schlampig bezeichnen dürfen und eine Rechtsanwältin (im Vergleich dazu sehr sachliche) Kritik an einer Gerichtsentscheidung äußern darf.

Oder messen wir da vielleicht mit zweierlei Maß?

Ob Herr Lehmann wirklich Herr Lehmann ist?
Wir wissen ja, dass der Herr Präsident des LG Köln und der ehrenwerte Vorsitzende Herr K. hier mit großem Eifer mitlesen! ;-)

Ich kann nach Kenntnisnahme des fraglichen Blog-Beitrages rein gar nichts Unsachliches an ihm erkennen. Ob es sich um Unwahrheiten handelt, kann ich zwar nicht beurteilen, kann ich mir aber nicht vorstellen.

Manche Damen und Herren Richter gehen all zu oft respektlos, selbstgefällig und arrogant mit den ihnen anvertrauten Fällen, den Parteien und ihren Vertretern um. Sie glauben es reiche schon aus, das verantwortungsvolle Amt,das sie auszuüben haben, zu bekleiden. Da schadet es überhaupt nicht, wenn sie mal von ihrem hohen Ross herunter gerissen werden. Bodenhaftung ist heilsam! Wenn sie Respekt wollen, dann sollen sie sich diesen durch gute Arbeit verdienen. Jeder in dieser Gesellschaft hat sich dauernd zu verantworten-da ist es unzeitgemäß, dass Richter -verschanzt hinter ihrem Unabhängigkeitsprivileg- unkontrolliert schalten und walten können, wie es ihnen persönlich beliebt. Allerdings üben rund 2 von 10 Richtern (Pareto-Prinzip) das Richteramt in einer Weise aus, die absoluten Respekt verdient. Für diese gilt die Kritik selbstverständlich nicht. Nicht jeder Paragraphenschuster ist für dieses Amt geeignet. Die Befähigung für das Richteramt wird ausschliesslich an Examenswerten festgemacht. Da wundert es nicht, wenn soziale und emotionale Kompetenz, die unabdingbare Voraussetzung für die Bekleidung des Richteramtes wären, breit auf der Strecke bleiben.

zu #11

> splendor schrieb:

September 20th, 2011 at 12:39
Liebe Nicht-Kölner! Haben Sie noch nie von der Köl’schen ZPO gehört? Danach darf das Gericht die Verfahrensweise nach eigenem Ermessen bestimmen, also machen was es will. Nach mehreren deutlichen Worten sowohl des BGH als auch des BVerfG ist die Kölsche ZPO seit einigen Jahren zum Glück auf dem Rückzug. Ganz ausgerottet scheint sie aber noch nicht zu sein. <

Die berüchtigten rheinischen Justiz - Frohnaturen und ihre Prozessführung sind noch nicht einmal das größte von der dritten Gewalt ausgehende gesellschaftliche Problem. Wenn selbst gröbstes materielles Unrecht als Urteil "im Namen des Volkes" ergehen und dann mit der Aufhebung durch Obergerichte allgemein als erledigt angesehen wird und ansonsten keine Konsequenzen für die Urheber nach sich zieht, bleibt es dennoch als Verhöhnung des Volkes in der Erinnerung und im Bewusstsein von vielen - von immer mehr - Menschen verhaften.

Man sollte wirklich darüber nachdenken, bei der Aufhebung absoluter Justizunverschämtheiten in Urteilsgestalt die Kosten des Verfahrens nicht der Staatskasse aufzuerlegen, sondern den ursprünglichen richterlichen Volksver....er höchstpersönlich zur Kasse zu bitten. Das wäre keine ernsthafte Bedrohung der richterlichen Unabhängigkeit, aber sehr wahrscheinlich ein wirksames Mittel gegen die Art von Hochmut, die zu Rechtsblindheit führt.

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