Die Volksbank Euskirchen und das P-Konto

Dass Gerichte mit der Darstellung ihrer Sach- und auch Rechtskenntnisse manchmal mehr als daneben liegen, ist bekannt. Pikant wird es aber, wenn Gerichte so daneben liegen, dass sie mit ihren Entscheidungen strafrechtlich relevantem Verhalten Vorschub leisten. Was war passiert?

Die Volksbank Euskirchen eG bepreiste in ihrem Preis- und Leistungsverzeichnis ein Guthabenkonto bei eingeschränkter Bonität als sog. P-Basis Konto zu einer Monatspauschale von € 12,--. Die Bezeichnung „P-Konto“ hat sich im allgemeinen Sprachgebrauch mittlerweile als Abkürzung für das Pfändungsschutzkonto durchgesetzt, das Banken aufgrund der Gesetzeslage für ihre Kunden einrichten müssen, wenn die Kunden dies beantragen. Daneben bereiste die Volksbank Euskirchen eG noch ein sog. „Premium Privat Konto“ als Konto mit einem, umfassenden Service zu einer Monatspauschale von € 6,--.
Anlass genug für die Schutzgemeinschaft für Bankkunden eV (SfB) die Verwendung der Entgeltklausel „P-Konto“ abzumahnen, da die Einrichtung eines P-Kontos nach § 850 k Absatz 7 ZPO entgeltfrei erfolgen muss. Jedenfalls hatten es so das Oberlandesgericht Naumburg, Aktenzeichen 10 U 5/11, das Landgericht Bamberg, Aktenzeichen 1 O 445/10 und 1 O 472/10, das Landgericht Frankfurt am Main, Aktenzeichen 2-12 O 550/10, das Landgericht Erfurt, Aktenzeichen 9 O 1772/10, das Landgericht Nürnberg-Fürth, Aktenzeichen 7 O 1528/11 und 7 O 1515/10, das Landgericht Halle, Aktenzeichen 5 O 1759/10 und das Landgericht Leipzig, Aktenzeichen 8 O 3529/10 entschieden. Das Thüringer Oberlandesgericht hat ebenfalls im Beschluss, Aktenzeichen 1 U 85/11 das beklagte Kreditinstitut darauf hingewiesen, dass die Entgeltklausel „P-Konto“ unwirksam ist und angeregt, die eingelegte Berufung zurück zu nehmen.

Da sich die Volksbank Euskirchen eG im Weiteren weigerte, sich strafbewehrt zur Unterlassung der streitigen Klausel „P-Basis, Monatspauschale 12,00 €“ zu verpflichten, beantragte die SfB vor dem Landgericht Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung.

Im weiteren Verfahren berief sich die Volksbank Euskirchen darauf, dass die Klausel “P-Basis-Konto“ nicht das Pfändungsschutzkonto meint, sondern vielmehr die Abkürzung ist für ein „Privat-Basis Konto“ und die Volksbank Euskirchen außerdem ihren Kundinnen und Kunden für das Führen eines Pfändungsschutzkontos keinerlei Gebühren abverlange.

Grund genug für die als bankenfreundlich bekannte 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln sich unter ihrem Vorsitzenden Richter am Landgericht Knechtel diesem Vortrag anzuschließen und den Antrag der SfB auf Erlass einer einstweiligen Verfügung zurück zu weisen, da nicht glaubhaft gemacht worden sei, dass es sich bei der streitigen Klausel „P-Basis, Monatspauschale 12 €“ tatsächlich um ein Pfändungsschutzkonto handelte.

Der Vortrag, dass die Entgeltklausel „P-Basis“ ein Guthabenkonto bei eingeschränkter Bonität bepreist und es sich dabei nur um ein Pfändungsschutzkonto handeln kann, blieb in den Entscheidungsgründen des Urteils der 26. Zivilkammer des Landgerichts Köln unberücksichtigt. Wie denn auch, hätte man diesen Vortrag zur Kenntnis genommen, hätte man bei der hier gebotenen verbraucherfeindlichsten Auslegung nur zu dem Schluss kommen müssen, dass tatsächlich ein Pfändungsschutzkonto bepreist wird und nicht wie von der Volksbank Euskirchen behauptet, ein Privat-Basis-Konto.

Schlampig begründet war dieses Urteil und das ist nicht hinnehmbar. Wenn die SfB auch mit einer Niederlage leben kann, mit einer schlampigen Urteilsbegründung, bei der wesentlicher Parteivortrag übergangen wird, kann sie nicht leben.

Nun denn, die SfB hat Erfahrung mit unredlichen Kreditinstituten und wollte es jetzt wissen!

Die SfB hat es geahnt und hat gewettet, dass der Vortrag der Volksbank Euskirchen im erstinstanzlichen Verfahren, sie berechne keine zusätzliche Kosten für das Führen eines Pfändungsschutzkontos schlichtweg erstunken und erlogen war, oder juristisch formuliert, unwahr ist. Das musste unbedingt überprüft werden. Und so entsandte die SfB ihre Prüferinnen in die Geschäftsstelle der Volksbank Euskirchen nach Zülpich um herauszufinden, ob für das Pfändungsschutzkonto tatsächlich keine zusätzlichen Gebühren erhoben werden.

Sonderlich überrascht war die SfB dann nicht mehr, was bei dem Besuch ihrer Mitarbeiterinnen in der Geschäftsstelle der Volksbank Euskirchen in Zülpich heraus kam.

Nun, die freundlichen Mitarbeiter der Volksbank Euskirchen erklärte den Prüferinnen, dass es zwei Kontomodelle gibt, die von der Volksbank Euskirchen angeboten werden, nämlich ein „Giro online“ für eine Monatspauschale von € 4,-- und ein „Premium Privat Konto“ für eine Monatspauschale von € 6,--. Auf die ausdrückliche Nachfrage der SfB-Prüferinnen, was denn ein Pfändungsschutzkonto kostet, erklärte der freundliche Mitarbeiter der Volksbank Euskirchen, dass hierfür € 12,-- berechnet werden. Also wurden doch zusätzliche Kosten für das Führen eines Pfändungsschutzkontos erhoben!

Zumindest Anlass genug für die SfB, mit den eidesstattlichen Versicherungen ihrer Mitarbeiterinnen gewappnet, bei der Staatsanwaltschaft Köln gegen die Verantwortlichen der Volksbank Euskirchen Strafanzeige wegen Prozessbetrugs zu erstatten. Das Verfahren ist dort noch unter Aktenzeichen 78 UJs 892/11 anhängig.

Auch zivilrechtlich ließ die SfB nicht locker und legte vor dem 13. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln Berufung ein. Dort teilten die Richter Grundlach, Grüneberg und Dr. Kreß mit dem Hinweisbeschluss nach § 522 ZPO vom 19. Mai 2011, Aktenzeichen 13 U 50/11 folgendes mit:

„Denn nach dem im hiesigen Berufungsverfahren maßgeblichen Sachverhalt ist es weder ersichtlich, noch -worauf das Landgericht zutreffend hingewiesen hat-, dass der Verfügungskläger hinreichend glaubhaft gemacht hat, dass die gegenüber dem Alternativ-Girokonto (Premium-Privat) erhöhte Monatspauschale von € 12,-- für das vormals so bezeichnete „P-Basis-Konto“ …, von der Beklagten für das Führen eines Pfändungsschutzkontos erhoben wird. Die Formulierung „P-Basis“ in der Entgeltklausel lässt selbst bei der im Verbandsprozess gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung auch nach Auffassung des Senats nicht den Schluss zu, dass damit die Kontoführung für ein Pfändungsschutzkonto bepriesen wird, sondern lässt es vielmehr als naheliegend erscheinen, damit das, nach Glaubhaftmachung durch die Verfügungsbeklagte zu ihrem damaligen Leistungsangebot gehörende „P-Basis-Konto“ für Privatkunden gemeint war.“

Im Hinblick auf die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen der SfB-Mitarbeiterinnen hatte der Senat „Zweifel, ob sich hieraus ergibt, dass die Volksbank Euskirchen für die Führung eines Pfändungsschutzkontos besondere Gebühren erhebt“. Die Frage könne aber offen bleiben, weil es sich bei den eidesstattlichen Versicherungen um neue Beweismittel handele und ein Zulassungsgrund im Sinne des § 531 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 ZPO weder vorgetragen noch ersichtlich sei.

Hallo? Man muss schon sagen, Zweifel bestehen hier lediglich darin, ob der Senat die vorgelegten eidesstattlichen Versicherungen überhaupt zur Kenntnis genommen hat, denn was schwarz auf weiß zu lesen ist, daran kann man wirklich schlecht Zweifel haben.

Zudem erwartet die SfB eine nachvollziehbare Begründung der Auffassung, warum ein Zulassungsgrund, der offensichtlich ist, im Sinne von § 531 Absatz 2 Nr. 1 bis 3 ZPO nicht vorliegen soll. Mit schlichten Parolen gibt sich die SfB jedenfalls nicht zufrieden. Ganz einfach deshalb, weil auch Oberlandesgerichte ihre Aufgaben ordentlich zu erfüllen haben. Darauf hat die SfB und jeder andere Rechtssuchende einen Anspruch und die SfB macht ihn auch geltend.

Erst recht dann, wenn sich wie hier, die Volksbank Euskirchen eG dem Verdacht eines Prozessbetrugs ausgesetzt hat.

Yes, we do!

Kommentare

Good point. I hadn't thhuogt about it quite that way. :)

Also ich habe OLG-Senate bisher nur in der Weise erfahren, dass sie die Dinge viel tiefgehender prüfen, als ihre Kollegen an den LGs.

Dazu passt hier das hier dargestellte Verhalten der OLG-Richter in Köln überhaupt nicht.

Bin echt gespannt, wie es in dieser Sache weitergehen wird.

Ist ja niedlich - 531 ist im Verfügungsverfahren unanwendbar, findet sogar das OLG Köln selbst (z.B. OLG Köln, Urt. v. 27.02.09, 6 U 193/08). Klingt tatsächlich arg einseitig argumentiert. Nicht so gut...

Mutiger Beitrag. Bin gespannt, was beim strafrechtlichen Ermittlungsverfahren rauskommt. Berichten Sie weiter.

Ist die OLG-Entscheidung rechtskräftig oder ist man in Revision gegangen?

Warum schließt man nicht schriftlich einen Kontovertrag zu 12 Euro ab? Dann hat man schriftlich, um was für ein Konto es sich handelt. Ist es ein Pfändungsschutzkonto, dann kann ein anderer Verbraucherschutzverein erneut eine einstweilige Verfügung beantragen und wird auf jeden Fall gewinnen.

Gibt es nicht bei dem laufenden Verfügungs-Verfahren noch ein Hauptsache-Verfahren, bei dem die Entscheidung korrigiert werden kann?

Eine echte BANK begeht Prozeßbetrug? Neee ... also das glaube ich jetzt wirklich nicht ....
;-)))